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U2 News » Reingehört: Meinungen zum neuen Album Songs of Surrender - Part 3
Der dritte und letzte Teil unseres Meinungsbildes. Nach sieben Rezensionen liegt die durchschnittliche Bewertung unser Teams für Songs Of Surrender bei 4,8 von 10 Punkten. Hans Als sich schon vor Monaten die Anzeichen verdichteten, dass die Band den Release eines
Albums mit akustischen/stripped down-Versionen älterer Songs plant, war meine
Begeisterung überschaubar. Mit U2 unplugged konnte ich bisher sehr selten etwas
anfangen. In meinen Augen eignen sich U2-Songs nicht wirklich für eine solche Umsetzung.
Ich war daher schon froh, dass U2 in den frühen 90ern nicht auf den damals populären MTV
Unplugged-Zug aufgesprungen sind.
Und doch gab es den Moment, wo U2 und Unplugged zusammen passten. Im Rahmen ihrer
Zoo TV-Tour spielten sie allabendlich 3-4 Songs unplugged auf der B-Stage (welche sie auf
dieser Tour übrigens erfanden), größtenteils full band.
Im Rahmen der Show war dieser Teil der Setlist der intime Kontrast zum
Mulitmedia-Bombast auf der Hauptbühne. Hier fühlte es sich an wie ein Lagerfeuer mitten im
Publikum, wo die Show von einer großen Stadionshow gefühlt zum Clubkonzert wurde.
Musikalisch natürlich mehr oder minder Lagerfeuerromantik, aber passend und noch nicht
abgenutzt.
Auch bei den folgenden Tourneen wurden solche Auftritte Teil des Programms, 1-2
Unplugged-Songs fanden immer den Weg in die Setlist. Meist als Duett von Bono und Edge.
Und deutlich weniger spannend als noch 92/93. Für mich war dies stets der verzichtbare Teil
der Show, der bisweilen wie ein Setlistfiller wirkte: mal flott nen Song mehr im Set ohne
großen Aufwand. Wobei ich mittlerweile überzeugt bin, dass gerade Bono und Edge da mit
Freude am Werk waren und von ihren Darbietungen überzeugt sind.
Auch ausserhalb der Tourneen setzte sich die Bono und Edge mit Akustikgitarre-Tradition
fort, sowohl bei Promo-Auftritten, als auch bei Charity- und ähnlichen Events.
Und so war Songs Of Surrender irgendwo eine logische Schlussfolge. Das Album bietet
entsprechend viele Bono/Edge-Duette, bei denen die musikalische Performance aus
Lagerfeuer-Akustikversionen der Songs besteht. Akkorde, dazu Gesang, wenig Facetten.
Hier und da wird die Gitarre durch ein Piano getauscht. Ob die Akkorde dann von den Saiten
oder Tasten kommen, es klingt zwar anders, aber doch gleich. Hört man alle 40 Songs,
klingt das Gesamtpaket sehr eintönig, ohne Pepp. Tut keinem weh, aber die Begeisterung
bleibt, zumindest bei mir, auf der Strecke.
Re-imagined ist das Zauberwort, welches auch die Werbebilder ziert, aber ein Großteil der
Lieder ist eigentlich nur reines Akkordgeschrammel und nicht das, was ich unter re-imagined
verstehe.
Das ist nicht anderes, was man aus vielen Cover-Versionen von Hobbymusikern auf youtube
hören kann.
Bei den großen Hits ist die Band in einem Dilemma. Weglassen kann sie sich nicht, denn
der Gelegenheits-Käufer greift eher zu, wenn eben diese Hits Teil der Tracklist sind. Der
Aufkleber auf der Platte nennt nicht ohne Grund gerade diese Hits.
Auf der anderen Seite kann man die Ursprungsversionen dieser Publikumslieblinge
unmöglich toppen.
Die Umsetzung dieser Songs lässt einige Wünsche offen:
So fehlt bei With Or Without You jegliche intime Stimmung des Originals. Beautiful Day geht die positive Dynamik und Energie des Originals ab. Sunday Bloody Sunday wirkt
ideenlos. Und bei Bad beginnt das Problem schon, dass der Sequenzer fehlt. One wurde
schon oft als Bono/Edge-Unplugged-Version gespielt. Hier wird die Gitarre durch das Piano
ersetzt. Irgendwie fehlt die Idee zur wirklichen Re-Imagination. Und die Platte damit zu
eröffnen, ist auch mutig. Da vergeht einem schon bei Track Number One die Lust auf den
Rest.. Pride fehlt auch jegliche Dynamik des Originals, da rettet die orchestrale Klimax im
zweiten Teil nichts mehr. Es gibt Songs, die lässt man besser beim Original. Und Pride gehört für mich dazu.
Dass man es auch besser kann, zeigt Where The Streets Have No Name. Die Version
wirkt sphärisch, fast ambient-mäßig, ein schöner Klangteppich, auf den Bono seine Vocals
aufsetzt. Im Vergleich zum Original nicht nur textlich anders, neu und mit viel Atmosphäre.
Mir gefällt es. Endlich ein Titel, der das hält, was ich mir verspreche, wenn von re-imagined
die Rede ist.
Dasselbe gilt für Desire. Eine schöner Phaser auf der Gitarre, dazu Edge mit hohem
Gesang.. Irgendwie trashig und mutig. Und ebenfalls einer meiner Favoriten.
Bei den Songs aus den frühen 80ern konnte man am meisten Veränderung erwarten. Wie
geht die Band heute mit dem Material um, welche 40 Jahre alt ist? Das Ergebnis ist sehr
durchwachsen: Out Of Control ist eines der Paradebeispiele für einfaches Geschrammel
und verpasste Chancen, sehr simpel gestrickt und unspannend. So hat der Titel etwas von
Fußgängerzonen-Musik. Warum so einfallslos? Warum nicht mehr Spuren? Ein wenig
Komplexität hätte vielen Tracks gutgetan.
Für Sunday Bloody Sunday und I Will Follow gilt dasselbe. Es entsteht der Eindruck, dass
diese Songs irgendwie auf die Platte sollten, egal wie. 11 O’Clock finde ich fürchterlich
arrangiert. Überzeugen kann aber Stories For Boys. Gesungen von Edge, in einer
monotonen Piano-Version. Monoton ist dabei nicht negativ gemeint. Eine altersgerechte
Neuinterpretation und eins der Highlights.
Two Hearts Beat As One kann auch gefallen. Hier kommt der Song zugute, dass es kein
Duett, sondern quasi Full Band-Version ist. Das man die Bass-Line durch das Piano ersetzt,
kommt auch gut.
Überhaupt fällt auf, dass die wenigen Full Band-Titel den anderen meist überlegen sind.
Nachdem die ersten Teaser veröffentlicht waren, habe ich mit dem Worst Case gerechnet,
denn das, was zu hören war, war musikalisch und gesanglich ein kleiner Fan-Schreck. Ich
habe mir dann die weiteren Ausschnitte gar nicht mehr angehört und lieber auf das
komplette Album gewartet. Und so schlecht wie befürchtet war es dann doch nicht.
Zwar gibt es viel Ausschuss, doch muss man die Highlights nicht wie die Nadel im
Heuhaufen suchen.
Den Übersong gibt es nicht, aber rund ein Dutzend Titel sind durchaus ansprechend bis
gelungen. Zu den bereits genannten gehören das sehr atmosphärische und spannend
strukturierte Electrical Storm.
Die Achtung Baby-Tracks Until The End Of The World und vor allem The Fly klingen auch
unplugged besser als ich dachte. Bei The Fly war die Band, gemessen am Rest der Songs
Of Surrender, ähnlich mutig wie beim Original.
Und dann gibt es sogar Songs, die das Original übertreffen. The Miracle (Of Joey Ramone) war beim äußerst gelungenen Songs Of Innocence der einzige Ausfall des Albums und als
Wahl für die erste Single eine schlechte Wahl. Die Surrender-Version ist deutlich besser. Musikalisch und auch textlich. Selbiges gilt für die
beiden Song Of Experience-Titel Lights Of Home und Get Out Of Your Own Way. Lights Of Home hat viel mehr Atmosphäre als die Album-Version und ist im Vergleich zur
Live-Fassung weniger überladen. Ein weiteres Beispiel für die Tatsache, dass die Full
Band-Titel auf dem Album herausstechen.
Get Out Of Your Own Way löst sich endlich aus dem Beautiful Day-Mantel und wirkt
schön chillig. Dass gerade Titel aus dem schwachen SOE zu den großen Gewinnern auf Songs Of Surrender werden, hätte ich auch nicht gedacht.
Gesanglich finde ich Bono und Edge, der deutlich präsenter ist als sonst, ordentlich. Die
ersten Hörproben vermittelten da einen falschen Eindruck. Bonos Stimme ist deutlich im
Vordergrund und wirkt wie eine Art weiteres Instrument, gerade wo man eh schon wenig
Instrumentierung vorfindet. Bei manchen Titeln denkt man echt, er sitzt dir im Ohr.
Relativ viel Text wird zweistimmig gesungen, was mir sehr gut gefällt.
Insgesamt kann man feststellen, dass es auf Songs Of Surrender also zwar genug Nadeln
im Heuhaufen gibt, aber leider auch zu viel Ausschuss.
Wenn man alle 40 Songs hört, klingt vieles gleich und eintönig. Einige Nummern hätte man
sich sparen sollen. Das Problem ist, dass die Instrumentierung und die Arrangements eben
zu zu ähnlich sind. Die wirklich guten Sachen gehen da in der Gesamtmenge verloren. Man
wäre besser beraten gewesen, die Platte auf 12-15 Titel zu beschränken. So wäre eine
solide 6/10-Wertung herausgekommen.
Aber wenn im Sack 40 Äpfel sind und ich erstmal ein Drittel ungenießbare heraussuchen
muss, ist das wenig zielführend. Mit einer Playlist von gut einem Dutzend Titeln kann man
sich immerhin Abhilfe schaffen. Wobei ich nicht glaube, dass das Hörerlebnis nachhaltig sein
wird. Die Platte wird relativ schnell vergessen und verziehen sein.
Ich sehe das Projekt als Bonus. Blöd nur, dass der allgemeine Musikhörer die Platte
vielleicht als "neues Album" ansehen wird.
Beim Alles-Sammler wird die Platte viel Gewicht und Platz im Plattenregal einnehmen bei
gefühlt so vielen Vinyl-Versionen wie Titeln. Was ein weiterer Kritikpunkt ist: Eine U2-Platte,
die eigentlich ein Bono & Edge Album ist, wird stärker kommerzialisiert als jedes U2-Album
zuvor. Da fehlt mir persönlich die Balance. Und wenn man alles sammelt und alle Versionen
kaufen will,, kommt man fast in den vierstelligen Euro-Bereich.
Wenn schon so viele Vinyl-Farben, warum immer die selben 16 Titel?
Bleibt noch der Blick aufs Cover, das durch das Foto von Bono sehr inkonsistent wirkt. Aber
schön, dass alle Vier den Weg darauf gefunden haben.
U2tour.de Durchschnittsbewertung nach sieben Rezensionen: 4,8 von 10 Punkten
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